Fokus Halswirbelsäule
Was hat Ihr Hals mit einer Schildkröte gemeinsam?
Nach unseren zwei Artikeln der Fokus Serie zu den Bereichen Brust- und Lendenwirbelsäule befassen wir uns heute mit dem obersten Abschnitt: der Halswirbelsäule.
Nach der Lendenwirbelsäule ist dies der Bereich, an dem am häufigsten Beschwerden auftreten. Pathologische Veränderungen machen sich schnell unangenehm bemerkbar, da die Bewegung des Kopfes davon abhängt. Schmerzen und Bewegungseinschränkungen haben direkte Auswirkungen auf unsere natürliche Kopfbewegung und ein schneller Schulterblick beim Autofahren oder auf dem Fahrrad wird plötzlich zur Herausforderung.
Die Fakten
Die Halswirbelsäule besteht aus sieben Halswirbeln, wobei sich die ersten beiden deutlich vom Rest unterscheiden. Dazu später mehr. Die Wirbelkörper sind im Vergleich zu den unteren Abschnitten eher klein, dafür aber sehr beweglich. Ebenso wie die Lendenwirbelsäule zeichnet sich die Halswirbelsäule durch eine Krümmung nach vorne aus, also eine natürliche Lordose. Genau wie im Rest der Wirbelsäule befinden sich auch hier zwischen den einzelnen Wirbeln die Bandscheiben, welche als Puffer dienen.
Die ersten beiden Halswirbel heißen Atlas und Axis, Nicker und Dreher. Der Atlas liegt direkt unter der Schädelbasis und trägt den Kopf. Darunter liegt der Axis, welcher mit seinem Zahn nach oben in den Atlas hinein ragt. Diese ersten beiden Wirbelkörper bilden zusammen mit dem Schädel die sogenannten Kopfgelenke, welche etwa 70 % der möglichen Bewegung des Kopfes ausmachen! Deshalb haben Einschränkungen in diesem Bereich sofort starke Auswirkungen auf unser Bewegungsverhalten.
Außerdem treten wichtige Nerven aus dem Rückenmark der Halswirbelsäule aus. Im oberen Abschnitt der ersten vier Halswirbel tritt das Nevengeflecht Plexus cervicalis aus, welches den Hals, aber auch das Zwerchfell versorgt. Traumatische Verletzungen im obersten Segment können also die Atmung betreffen. Darunter entspringt das Nervengeflecht Plexus brachialis. Dieses versorgt vor allem die Arme und zeigt bei Verletzungen in diesen Regionen seine Auswirkungen.
Ebenfalls wichtig sind die verschiedenen Gefäße, welche durch die Querfortsätze der Halswirbelkörper laufen. Die Arterien, die hier entlang laufen versorgen zum Beispiel unser Gehirn mit sauerstoffreichem Blut.
Durch die vielen wichtigen Strukturen, welche im Bereich der Halswirbelsäule liegen, ist eine traumatische Verletzung teilweise folgenschwer. Es kommt aber auch häufig zu weit weniger dramatischen Beschwerden, zum Beispiel Verschleißerscheinungen der Wirbelgelenke oder auch der Bandscheiben. Selbst Bandscheibenvorfälle, obwohl sie oft als äußerst problematisch beschrieben werden, müssen nicht so katastrophal sein wie befürchtet. In vielen Fällen heilt der Körper selbst nach angemessener Zeit, so dass zunächst eine fachliche Betreuung durch Physiotherapie einer voreiligen OP vorgezogen werden sollte. Nur in Ausnahmefällen sind die Symptome sofort so schwerwiegend, dass direkt ein operativer Eingriff erfolgen muss.
Klären Sie deshalb Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule immer mit Ihrem Arzt und Ihrem Physiotherapeuten ab, wenn Sie sich unsicher sind.
Was Sie tun können
Sie haben es bestimmt schon geahnt, auch hier ist ein ausschlaggebender Faktor unsere tägliche Haltung. Stundenlange Arbeit vor dem Laptop oder Computer ist keine Seltenheit mehr. Doch auch darüber hinaus spielt sich ein Großteil unseres Tages im unteren Blickfeld ab. Egal ob Sie lesen, in der Küche Gemüse schneiden oder auf Ihr Handy schauen. Der Blick geht häufig nach unten. Das bewirkt eine allgemeine Vorneigung unseres Oberkörpers, inklusive einer Krümmung der Schultern nach vorne und einem vorgeschobenen Hals. Diese “Schildkröten Haltung” sieht nicht nur merkwürdig aus, sondern fördert auch eine Fehlhaltung mit all den bekannten Beschwerden. Besonders der Schulter-Nacken-Bereich ist von schmerzhaften Verspannungen betroffen.
Deshalb gilt es auch hier, sich immer wieder zu kontrollieren und vor allem zu korrigieren. Dazu gehört das Aufrichten des gesamten Rumpfes, das Zurückrollen der Schultern und der Schub des Kopfes nach hinten. Ihr Arbeitsplatz zum Beispiel sollte deshalb so eingerichtet sein, dass die oberste Zeile Ihres Bildschirms auf Höhe Ihrer Augen liegt. Dadurch ist eine entspannten Sitzposition möglich. Außerdem helfen regelmäßige Dehnübungen der Halsmuskulatur und das Kreisen der Schultern nach hinten, aufkommende Verspannungen zu lösen.
Natürlich geben wir Ihnen aber auch dieses Mal eine Übung mit an die Hand, die Sie in Ihren Alltag integrieren können. Dazu brauchen Sie nur einen Türrahmen.
- Stellen Sie sich mit dem Rücken in den Türrahmen. Ihre Beine sind leicht gebeugt und Sie beginnen von unten an, Ihren Rücken an den Türrahmen zu drücken. Zuerst die Lendenwirbelsäule. Versuchen Sie die Lücke, die Sie zu Beginn wahrnehmen können, zu schließen, in dem Sie den unteren Rücken möglichst komplett an den Türrahmen drücken.
- Dann folgt die Brustwirbelsäule. Hier fällt es meist leichter, den kompletten Kontakt herzustellen.
- Zuletzt kommt die Halswirbelsäule. Hier ist es meist nicht möglich, die Lücke vollständig zu schließen, doch Sie sollten versuchen so weit wie möglich nach hinten zu kommen. Dazu schieben Sie Ihr Kinn nach hinten, als wollten Sie ein Doppelkinn machen. Die Nase zeigt dabei geradeaus und der Hinterkopf behält ebenfalls den Kontakt zum Türrahmen.
- In der Endposition kann es in den verschiedenen Regionen zu einem Spannungsgefühl kommen. Halten Sie die Position etwa 20 Sekunden, bevor Sie sie wieder auflösen und sich kurz lockern. Danach wiederholen Sie die Übung.
Das Zurückschieben des Kopfes können Sie natürlich auch zwischendurch im Sitzen immer wieder wiederholen, um sich aus der “Schildkröten Haltung” heraus zu holen.
Achten Sie gezielt auf eine aufrechte Haltung und versuchen Sie Spannungen schnellstmöglich zu lösen, um beschwerdefrei zu bleiben.
Wenn Sie weitere Übungen brauchen oder gerne eine fachliche Arbeitsplatzberatung hätten, sprechen Sie uns gerne an!
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